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  • AutorenbildRechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Kügler

LAG Stuttgart, 10.01.2022 - 9 Sa 66/21: Grenzen vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalte

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG Stuttgart) hatte sich in einem Urteil vom 10.01.2022 mit einem vertraglichen Freiwillligkeitsvorbehalt zu befassen.


Im entschiedenen Fall stritten die Parteien über Urlaubs- und Weihnachtsgeld.


Die von der beklagten Arbeitgeberin gestellte Arbeitsvertragsurkunde enthielt einen Freiwilligkeitsvorbehalt:


"Die Zahlung von Sonderzuwendungen insbesondere von Weihnachts- und/ oder Urlaubsgeld liegt im freien Ermessen des Arbeitgebers und begründet keinen Rechtsanspruch für die Zukunft, auch wenn die Zahlung mehrfach und ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit erfolgt."


Die Beklagte hatte an den Kläger - und zwar ohne gesonderten Vorbehalt - on den Jahren 2015 bis 2019 jeweils Irlaubs- und Weihnachtsgeld gezahlt.


Symbolbild Urlaubsgeld

(Symbolbild)


Für 2020 erhob der Kläger entsprechende Zahlungsklage.


Das LAG sprach dem Kläger - entgegen der Auffassung des erstinstanzlich befassten Arbeitsgerichts (ArbG) - die im Berufungsrechtszuge weiter verfolgten Zahlungsanträge zu.


Den im Arbeitsvertrag enthaltenen Freiwilligkeitsvorbehalt sah das LAG als unwirksam an. Es läge eine unangemessene Benachteiligung des Klägers vor, weil die Klausel nicht auf den Vorrang der Individualabrede verweise:


"In der Konsequenz bedeutet das, dass ein vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt nur dann wirksam ist, wenn der ausdrücklich darauf hinweist, dass spätere Individualabreden über vertraglich nicht geregelte Gegenstände oder wie hier über Sonderzuwendungen nicht vom Freiwilligkeitsvorbehalt erfasst werden (Schaub/Linck Arbeitsrechtshandbuch § 35 Rn. 101; Preis/Sagan, Der Freiwilligkeitsvorbehalt im Fadenkreuz der Rechtsgeschäftslehre – Chronik eines angekündigten Todes, NZA 2012, S. 697, 704). Unter Anlegung dieses Maßstabes ist die vorliegende Klausel ebenfalls aus diesem Grunde unwirksam. Eine hinreichend eindeutige Auslegung dahingehend, dass sie Rechtsansprüche aus späteren Individualabreden nicht ausschließen will ist nicht möglich (anders LAG Baden – Württemberg, Urteil vom 12.10.2021 11 Sa 33/21, S. 17 der Gründe)."


Das LAG ließ die Revision zum BAG zu.


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